Romano Guardini, als Sohn italienischer – patriotisch gesinnter – Eltern in Deutschland aufgewachsen, ist in zwei wichtigen europäischen Kulturen großgeworden und hat sich in ihnen zu Hause gefühlt. Schon sehr früh hat er sich für ein vereintes Europa ausgesprochen. In diesem 1962 aufgenommenen Vortrag stellt er die Frage nach den Wurzeln und Quellen des europäischen Denkens und Fühlens. Den Glauben an die Machbarkeit und an ein grenzenloses Wachstum zählt er nicht zu den typischen europäischen Eigenschaften. Er grenzt ihn deutlich ab von einem bewusst gestalteten und in die Hand genommenen Leben, das in das Miteinander von Mensch und Umwelt integriert ist und sich an den Vorgaben der Schöpfungsordnung orientiert.
Romano Guardini wurde am 17. Februar 1885 in Verona geboren. Seine Mutter Paola Maria stammte aus Südtirol, sein Vater Romano Tullo war Geflügelgroßhändler. Die beiden hatten neben Romano noch drei weitere Söhne. 1886 siedelte die Familie nach Mainz über, sodass Guardini dort zur Schule ging und 1903 am Humanistischen Gymnasium in Mainz die Reifeprüfung ablegte. Nachdem er zwei Semester Chemie in Tübingen und drei Semester Nationalökonomie in München und Berlin studiert hatte, entschied er sich katholischer Priester zu werden. Gemeinsam mit seinem Schulfreund Karl Neundörfer begann er schon damals, eine eigene Gegensatz-Lehre zu entwickeln. Sein Theologie-Studium absolvierte er in Freiburg im Breisgau und Tübingen. 1910 erhielt er in Mainz die Priesterweihe, arbeitete kurze Zeit als Seelsorger, bevor er erneut nach Freiburg im Breisgau ging, um in Theologie bei Engelbert Krebs zu promovieren. 1915 erhielt er den Doktortitel mit einer Arbeit über Bonaventura. 1922 folgte dann – während er weiter in der Seelsorge vor allem für Jugendliche tätig war – die Habilitation für Dogmatik in Bonn, erneut mit einer Arbeit über Bonaventura. Er verbrachte einen Teil seiner Bonner Zeit im Herz-Jesu-Kloster in Bonn–Pützchen. Er arbeitete in der katholischen Jugendbewegung mit, ab 1920 vor allem im Quickborn, deren geistliches Zentrum die Burg Rothenfels am Main war. Alsbald wurde er zum geistlichem Mentor der Quickborner. 1923 wurde er auf den Lehrstuhl für Religionsphilosophie und Christliche Weltanschauung in Berlin berufen, den er bis zur erzwungenen Emeritierung 1939 durch die Nationalsozialisten innehatte. 1927 übernahm er zudem die Leitung des Quickborns und der Burg und damit gemeinsam mit einem Leiterkreis die Verantwortung für die gesamte Bildungsarbeit. Auch hier hatte er seine Funktionen inne, bis die Burg 1939 durch die Nationalsozialisten konfisziert wurde. 1943 bis 1945 zog er sich nach Mooshausen zurück, wo sein Freund Josef Weiger Pfarrer war und sich schon seit 1917 ein Freundeskreis gebildet hatte. 1945 wurde Guardini an die Philosophische Fakultät der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen berufen und lehrte dort wieder über Religionsphilosophie und christliche Weltanschauung. 1948 folgte er schließlich einem Ruf der Ludwig-Maximilians-Universität nach München, wo er bis zur Emeritierung erneut Christliche Weltanschauung und Religionsphilosophie lehrte. 1962 beendete Guardini die Vorlesungstätigkeit an der Universität München aus gesundheitlichen Gründen. Die letzten Lebensjahre war der ohnehin von Schwermut geplagte Guardini häufig krank. Dadurch konnte er auch nicht wie vorgesehen als Theologe in der Liturgie-Kommission des Zweiten Vatikanischen Konzils eintreten. Am 1. Oktober 1968 starb Romano Guardini in München. Er wurde auf dem Priesterfriedhof des Oratoriums des Hl. Philipp Neri in München (St. Laurentius) beigesetzt. 1997 wurde der Leichnam Romano Guardinis durch Weihbischof Tewes in die Münchner Universitätskirche St. Ludwig übertragen im Angedenken an seine Tätigkeit an der Münchner Universität und seine große Predigttätigkeit in dieser Kirche. Den Nachlass verwaltet die von Guardini selbst mitbegründete Katholische Akademie in Bayern.