Fragen zur Ausbildung, zum spezifischen Berufsbild und zum Tätigkeitsbereich mittelalterlicher Architekten sind seit langem Kernfragen der Forschung. Quellen sind jedoch oft nicht leicht zu interpretieren und der Status von Architekten hat sich in europäischen Ländern nicht einheitlich entwickelt. In den Beiträgen von drei renommierten Forschern konzentriert sich das vorliegende Buch auf eine Schlüsselfrage – nämlich die handwerkliche Ausbildung und nachfolgend eine mögliche bildkünstlerischen Betätigung der Werkmeister, und zwar mit einem Schwerpunkt in Mitteleuropa.
Eine allgemeinere Übersicht (A. Hubel) wird mit zwei Studien zusammengestellt, die sich auf Personen von besonderer Bedeutung beziehen: Peter Parler (J. Rüffer) und Anton von Brünn, genannt Pilgram (G. Endrődi). Methodische Ansätze und Ergebnisse sind unterschiedlich und führen daher auch zu konträren Ergebnissen. Es zeigt sich somit, was wissenschaftliche Forschung voranbringt und spannend macht: fundierte Argumentation im teilweise kontroversen Diskurs.
Achim Hubel, Kunsthistoriker und emeritierter Professor für Denkmalpflege der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, gehört zu den profiliertesten Erforschern mittelalterlicher Bau- und Bildkunst und der zugehörigen objektbezogenen Untersuchungen, aber auch grundlegender Methodenfragen. Nimmermüde verweist er auf die hohe Bedeutung gattungsübergreifender Forschung. Sein Hauptwerk neben zahllosen anderen Projekten und Publikationen ist die in dreißigjähriger Arbeit zusammen mit Manfred Schuller an der Spitze eines großen Mitarbeiterstabs erarbeitete fünfbändige Monographie über den Regensburger Dom.
Jens Rüffer, Kunst- und Kulturhistoriker, Privatdozent der Universität Bern, wurde mit einer Arbeit über die ästhetische Kultur der Zisterzienser bekannt und hat seitdem zu zahlreichen Themen mittelalterlicher Kunst geforscht und publiziert, unter anderem zur Kathedrale von Santiago de Compostela. Hauptschwerpunkte seiner Arbeit liegen auf einer sorgsamen kritischen Hermeneutik von Quellentexten aller Art, der Rekonstruktion von historischen Wahrnehmungsformen und Denkweisen sowie Arbeitsabläufen und somit der Erhellung dem heutigen Menschen ferner kulturgeschichtlicher ‚Räume‘.
Gábor Endrődi, Kunsthistoriker; nach dem Studium in Budapest, Wien und Berlin arbeitete er an der Ungarischen Nationalgalerie in Budapest. Seit 2007 lehrt er an der dortigen Eötvös-Loránd-Universität. Nach der Promotion über Anton „Pilgram“ (2012) forschte er 2016–18 als Alexander von Humboldt-Stipendiat am Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München. Er ist einer der besten Kenner spätmittelalterlich-frühneuzeitlicher Kunst vor allem des östlichen Mitteleuropa und verbindet dabei eine zeitgemäß-kritische Analyse stilistisch-formaler Aspekte mit einer quellenbasierten Durchdringung aller historischen Entstehungsumstände.